Eva Schorr

Eva Schorr Porträt
Eva Schorr am Klavier
Eva Schorr Porträt 1961

Eva Weiler wurde am 28. September 1927 in der württembergischen Kreisstadt Crailsheim (Hohenlohe) geboren. Ihre Mutter Else, geborene Schmetzer, war Lehrerin, ihr Vater Adolf Weiler war als Musiklehrer, Kunsterzieher, Kirchenorganist, Chor- und Orchesterleiter sowie als engagierter Sportlehrer eine ebenso bekannte wie geschätzte Konstante im Crailsheimer Kultur- und Sportleben. Für das erste Kind der jungen Familie waren wie für die jüngeren Schwestern Sibylle (Resch) und Ulrike (Durspekt) Musik, Kunst und Sport allgegenwärtig und Eva zeigte schnell großes Interesse am Klavierspiel, aber auch am Zeichnen und Malen. Die Eltern erkannten und förderten die Doppelbegabung der Tochter früh, mit 5 Jahren bekam sie ersten Musikunterricht und bereits mit 8 Jahren führte sie eigene Kompositionen auf.

Komposition

Mit 15 Jahren errang Eva Weiler erste Preise bei Orgel- und Kompositionswettbewerben. Während des Krieges wurde die Familie in Crailsheim ausgebombt und überlebte unter lebensbedrohlichen Bedingungen. 1947 wurde sie in die Staatliche Hochschule für Musik in Stuttgart aufgenommen. Hier studierte sie u.a. Kirchenmusik und Musikwissenschaft bei Hermann Keller, Komposition bei Johann Nepomuk David und Orgel bei Anton Nowakowski. Sie belegte zudem Ferienkurse für Neue Musik, so bei Olivier Messiaen in Kranichstein. 1951 legte sie die Kirchenmusikprüfung (A-Examen) und die Reifeprüfung in Komposition mit Bestnoten und Auszeichnung ab. Ihre Bewerbung für einen Lehrauftrag an der Musikhochschule wurde als nicht adäquat für eine Frau abgelehnt.

Malerei

Parallel zu ihrer Musikausbildung erschloss sich Eva Weiler autodidaktisch sowie in Malkursen unterschiedlichste Maltechniken. Ihr Spektrum reicht von Zeichnungen, Pastellkreidebildern, Aquarellen und Ölbildern bis hin zu Mischtechniken aus Aquarell und Tuschefeder. Ihre Bilder waren und sind in bedeutenden Galerien zu sehen, auf der documenta IX waren sie im Beiprogramm vertreten.

Leben

1952 heiratete Eva Weiler den Flötisten und Journalisten Dieter Schorr und ließ sich 1954 als freischaffende Komponistin, Klavierlehrerin und Malerin in Stuttgart nieder. Der Ehe entstammen die drei Kinder Matthias, Simon und Nikola Schorr. Ihr umfassendes kulturelles Interesse führte sie mit ihrem Mann, nach dessen frühem Tod 1986 mit ihren Kindern, auf Reisen in zahlreiche Länder Europas, Nordafrikas, des nahen und mittleren Ostens sowie in die USA. Ihre Reiseeindrücke hat Eva Schorr in Skizzenbüchern festgehalten. 

Eva Schorr war Gründungsmitglied und zeitweilige Vorsitzende des Soroptimist-Clubs Stuttgart. Sie war Mitglied der GEDOK sowie der Freien Akademie der Künste Mannheim. Bis zu ihrem Tod am 20. Januar 2016 lebte, komponierte und malte Eva Schorr in Stuttgart Möhringen. Sie wurde auf dem Möhringer Friedhof neben ihrem Mann beigesetzt.

Auszeichnungen

Die Auszeichnungen, die Eva Schorr für ihr künstlerisches Schaffen zuteil wurden, beleuchten die verschiedenen Facetten der Künstlerin. Zunächst waren es Preise für ihr virtuoses Orgel- und Klavierspiel, dann kamen Auszeichnungen für ihre Kompositionen hinzu und schließlich Würdigungen ihrer künstlerischen Gesamtleistung und ihres kulturellen Engagements.

1942: erste Preise für Orgelspiel und Komposition, u.a. Jugendwettbewerb Württemberg
1961: III. Internationaler Wettbewerb für Komponistinnen Mannheim 1961, „Briefwürdigung“ für Gottfried-Benn-Lieder
1962: Goldmedaille und Ehrendiplom beim IV. Internationalen Wettbewerb für Komponistinnen in Buenos Aires 1962 (Circula Feminino Musical Santa Cecilia und Internationales Musiker Archiv, Preise gestiftet von Helena Rubinstein) für Nelly Sachs-Lieder
1966: V. Internationaler Wettbewerb für Komponistinnen Mannheim 1966, „Briefwürdigung“ in der Kategorie Orchestermusik für das Violinkonzert
1976: VI. Internationaler Wettbewerb für Komponistinnen in Mannheim (veranstaltet von der GEDOK), als einzige deutsche Preisträgerin lobende Erwähnung für ihre „6 Bilder für Klavier“
1996: Preisträgerin der Stiftung der Württembergischen Hypothekenbank für Kunst und Wissenschaft
1997: European Women Composers Contest Nijmegen, honorable mentions für “Wir sind ein Teil der Erde”
1997: Elle-Hoffmann-Preis der GEDOK

Erinnerungen

Fünf Dinge sind es, die Eva Schorr durch ein erfülltes Leben getragen haben: die Fähigkeit zu genießen, ein starkes Harmoniebedürfnis, ungebrochene Schaffensfreude, große Neugierde und ein hohes Maß an Disziplin.
 

Autobiographie

„Ich bin am 28. September 1927 in Crailsheim zur Welt gekommen und hatte das große Glück, in ein musikalisches, künstlerisch und kulturell aufgeschlossenes Elternhaus hineingeboren worden zu sein, das mir Nährboden für alle künstlerischen Begabungen war, das mich unterstützte und mir die Augen öffnete für die Wunder der Natur und die Vielfalt und Einzigartigkeit der europäischen Kultur.

Meine ersten sinnlich wahrgenommenen Eindrücke waren von meinen Eltern vierhändig gespielte Haydn- , Beethoven- oder Brucknersinfonien; mein erstes Spielzeug waren die weißen und schwarzen Klaviertasten, zu denen ich bald ein inniges Verhältnis hatte. Mit fünf Jahren bekam ich ersten Klavierunterricht von der Mutter. Ich suchte mir kleine Melodien zusammen, die meine Mutter aufschrieb und in einem "Buch" sammelte. Mit sieben Jahren konnte ich dann selbst notieren und fing ich an zu komponieren. Mit der Zeit entstanden Sonatinchen, Lieder, Stückchen für Klavier - und für eine kleine Orgelfuge erhielt ich bei einem Landesmusikwettbewerb sogar einen Preis! 5 Reichsmark war der Gewinn, der mir im Alter von 12 Jahren zu meiner ersten Armbanduhr verhalf. Klavierunterricht erhielt ich dann von der Crailsheimer Klavierpädagogin Hilde Göbel/Reiser, Orgelunterricht von meinem Vater, der Organist an der Johanniskirche in Crailsheim war. Musikwettbewerbe auf Landesebene bescherten mir Preise für Orgel- und Klavierspiel und für eigene Kompositionen.

Da mein Vater an der Oberschule in Crailsheim außer Musik- auch Zeichenunterricht erteilte, ging eine malerische Erziehung wie selbstverständlich nebenher. Immer waren Stifte, Farben und Papier in der Nähe, mit denen ich von Beginn an das Phänomen „Landschaft" zu bannen versuchte.

Während des Krieges waren Notenpapier, Bleistifte und Malutensilien fester Bestandteil des Notfallkoffers. Sie leisteten wertvolle Dienste im Luftschutzkeller, bei der Evakuierung aus dem zerbombten Zuhause und der halbjährigen Zuflucht in einer Feldscheune bei Honhardt auf dem hohenlohischen Lande. Mit ihrer Hilfe konnte ich die entbehrungsreiche und entsetzliche Zeit in enger Verbundenheit mit der Natur reflektieren und verarbeiten. Die Affinität zu allen Variationen der Natur begleitete mich durch mein ganzes Leben und ist verlässlicher Kraftspender und immerwährender Anreiz zu Neugier geblieben.

1947 begann ich mein Musikstudium in Stuttgart mit den Hauptfächern Kirchenmusik (A-Ausbildung) und Komposition. Meine Lehrer waren u.a. Johann Nepomuk David, der mir mit strenger Polyphonie- und Kontrapunktikausbildung handwerkliches Rüstzeug vermittelte und der international bekannte Organist Anton Nowakowski. Den Sinn für farbige, impressionistisch geprägte Ausdrucksweise erfuhr ich bei einem Kurs in der Darmstädter Komponistenschmiede bei Olivier Messiaen, der mir die Vielfältigkeit der akustischen Eindrücke nahebrachte.

Nach dem Abschluss des Studiums heiratete ich Dieter Schorr, der in Crailsheim mit dem VHS-Orchester unter der Leitung seines Schwiegervaters des Öfteren als Flötist auftrat und später als Musikredakteur und Kritiker bei den "Stuttgarter Nachrichten" wirkte. Drei Kinder entsprangen aus dieser Ehe, deren Berufe wiederum von der Musik geprägt sind.

Seit dieser Zeit sind über 100 Kompositionen entstanden, die fast ausschließlich für interessierte und renommierte Interpreten geschrieben wurden. Es gab internationale Preise und Ehrungen. Von größeren Orchesterwerken, Solokonzerten, Chorwerken, Kammermusiken der verschiedensten Besetzungen bis hin zur Kammeroper, Schulopern, Musicals umfasst mein Werkverzeichnis auch Stücke für Jugendliche und für den musikalischen Unterricht.

Im Laufe meines Lebens wechselten die Stilrichtungen und Arbeitsmethoden in mehr oder weniger großen Wellenbewegungen. Von Bach‘scher Polyphonie über Schönbergs Zwölftontechnik, von serieller Manier zu Jazz und Minimalmusik. Ich versuche zu allen Zeiten eine farbige Musik zu machen, die formal begründet sein muss in traditionellem Handwerk. Dasselbe gilt für meine bildnerische Arbeit, die bei aller Expression im "Rahmen" bleiben sollte. Die Verbindung zu meiner Heimatstadt brach nie ab. Das Haus meiner Schwester Ulrike und ihres Mannes Karl Durspekt steht immer offen für mich. Konzerte mit meinen Kompositionen und Ausstellungen meiner Bilder hatten im Crailsheimer Kulturkalender in lockeren Abständen einen festen Platz.

Seit über 50 Jahren lebe ich in Stuttgart und erfreue mich einer großen Familie. Viele Reisen durch ganz Europa, nach Afrika, Asien und Amerika erweiterten mein Bewusstsein für die wunderbare Vielfalt der Landschaften auf dieser Erde, von der ich hoffe, dass sie noch lange bestehen möge.“ (2005)

Links

Literatur

  • Brunhilde Sonntag, Renate Matthei (Hrsg.); Annäherung I - an sieben Komponistinnen. Furore-Ed. 802, Kassel 1987, ISBN 3-9801326-3-3, S. 35 - 41.
  • Leni Neuenschwander: Die Frau in der Musik: Die internationalen Wettbewerbe für Komponistinnen [In Mannheim] 1950–1989. Eine Dokumentation. Mannheim o. J. (Vorwort 1989) S. 84 u. 94.

 

Kontakt

Matthias Schorr
Am Nassen Berg 1
D - 31303 Burgdorf
Tel. +49 (0) 5136 6624
nskt!j@fxhmtww2ij